Formblechmontage.

Was ich so mache, na vor allem Formblechmontage. Das ist mein Ding, da kenne ich mich aus. Seit ich vor fünf Jahren meine Ausbildung fertig hatte, mache ich fast nur noch Formblechmontage, und ich muss sagen, ich mache das wirklich gern. Es füllt mich irgendwie aus, es ist interessant und abwechslungsreich.

Meine Schwester wollte ja immer Tierärztin werden, weil sie etwas mit Tieren zu tun haben wollte, aber das liegt mir persönlich weniger. Kranke Tiere, ich weiß nicht, die mag ich eher nicht so. Für mich sollte ein Tier gesund sein oder tot. Ich will auch nicht unbedingt was mit Menschen zu tun haben, also nein, Menschen stören mich nicht, ich kann gut mit der Nachbarin umgehen und trinke mit den Kumpels gern mal ein Bier. Ja, oder auch zwei, ganz genau.

Aber Formbleche, das ist etwas völlig anderes. Es gibt so viele davon, und sie sind alle verschieden geformt. Wenn man sich über Menschen unterhält, kommt es immer aufs Gleiche bei raus, sie haben Probleme, es geht ihnen nicht so gut, sie hoffen, dass es besser wird, aber groß ist die Hoffnung nicht. Formbleche dagegen lassen Dich mit ihren Problemen in Ruhe, sie wollen einfach montiert werden, und Schluss.

Und was ich noch liebe an der Formblechmontage, es ist irgendwie ein männlicher Beruf, man braucht Bohrer, Sägen, eine Lötlampe und den großen Hammer mit der Gummierung zur Blechbearbeitung. Man macht etwas. Also mit den Händen. Es ist ein echter Beruf, weil man auch Muskeln braucht. Wie viele Leute arbeiten heute etwas, was gar keine Arbeit ist, nur immer reden und was am Computer tippen oder nachgucken oder so.

Arbeit für mich ist, wenn Du auf die Leiter steigst, um Dich herum ist früher Morgen, der Tau liegt noch auf den Gräsern, du steigst auf die Leiter und hast dabei dieses große Formblech in der Hand. Am liebsten habe ich ja Kupferbleche oder Messing. Da stehst Du dann auf der Leiter, und Du weißt, jetzt bist Du dran, das ist Dein Moment. Hier ist dieses Blech in Deiner Hand, und jetzt wirst Du es montieren, niemand sonst wird es für Dich tun, es kommt ganz auf Dich an.

Und natürlich ist keine Montage so einfach wie sie zuerst aussieht. Manchmal ist das Blech zu lang, oder es passt nicht genau, aber das sind die eher einfachen Probleme. Schlimmer ist, wenn das Blech zu kurz ist oder irgendwie falsch ausgemessen. Dann muss man improvisieren, und wenn man improvisieren muss, dann zeigt sich das ganze Können. Man muss das Blech nehmen, wie es ist.

Man darf sich von dem Blech nicht runterkriegen lassen. Das Blech will Dir zeigen, wer der Stärkere ist, und wenn Du nur darüber nachdenkst, wer hier der Stärkere ist, hast Du schon verloren. Es ist ein Kampf, auch wenn das nicht so aussieht, Formblechmontage ist eigentlich Krieg. Deine Aufgabe ist es, das Formblech zu montieren, es in die Form zu bringen, die es haben soll, und es dann wetterfest zu befestigen, bis es absolut montiert ist.

Formbleche sind wie Wildpferde, sie haben ihren eigenen Willen. Du musst sie zureiten, mit Strenge und Gefühl. Du musst Dich konzentrieren, um genau das richtige Maß an Gewalt zu finden, dass genau dieses Formblech braucht, um sich soweit zu verformen, dass es montiert werden kann.

Klar, Du kannst den großen Hammer nehmen, aber dann gibt es Beulen. Dann hast Du vielleicht ein Blech montiert, aber Du hast es nicht perfekt montiert, Du hast Dich von Deinen Gefühlen leiten lassen und so ist es nicht perfekt geworden.

Beulen in Kupferblechen kann jeder sehen, aus hundert Meter Entfernung kann man die Beulen sehen, und dann hat das Blech gewonnen. Es geht nicht darum, wer stärker ist, es geht darum, dass das Blech raffiniert ist, dass es Dich an Deine Grenzen bringt. Es ist tückisch. Es fordert Dich heraus, es kann nur einen geben, das Blech oder Dich.

Ja, Du kannst den Hammer nehmen, vielleicht will das Blech das ja sogar. Vielleicht will das Blech, dass Du den Hammer nimmst und jeder dann die Beulen sehen kann. Denn wenn es Beulen gibt, mein Freund, hat das Blech gewonnen. Das ist es, was Formblechmontage so spannend macht und warum dieser Beruf mein Leben ist.

Du darfst das Blech nicht gewinnen lassen, Du musst ruhig bleiben und darfst Dich nicht provozieren lassen. Sage Dir immer, es ist nur ein Blech, es kann Dir gar nichts tun, was Du nicht zulässt. Aber es wird jede Deiner Schwächen finden, und glaube mir, wenn Du eine Schwäche zeigst, dann wird das Blech sie nutzen. Das ist sein Natur. Da kann es gar nichts für, es ist eben Blech und kann nicht anders.

Aber Du, Du bist ein ausgebildeter Formblechmonteur, und Du lässt Dich nicht provozieren, Du fühlst den großen Hammer im Hammerhalfter am Werkzeuggürtel, und Du weißt, Du kannst den Hammer benutzen, klar, kannst Du immer, aber wenn Du den Hammer benutzt und es gibt Beulen, dann hat das verdammte Blech gewonnen. Dann werden alle diese Beulen sehen und über Dich lachen.

Also mach das Blech gefügig mit allem, was Du hast, konzentriere Dich darauf, den Kampf zu gewinnen, ohne zum Hammer zu greifen. Denn dann und nur dann hast Du das Wesen der Formblechmontage verinnerlicht und wirst an Deiner Aufgabe wachsen.

(geschrieben am 28.9.2021. 879 Wörter, 5150 Zeichen)