Der bedrohliche Weltcomputer

Zeitbombe Internet

Th. Fischermann, G. Hamann: „Zeitbombe Internet“, Gütersloh 2011

Ich lese ja gern die zeitgenössischen Gruselschocker des Amerikaners Michael Crichton, in denen unter anderem Weltraumviren, Japaner, Chinesen, Dinosaurier oder Nanopartikel die Rolle der Bösewichter übernehmen, die früher den Untoten und Geistesgestörten vorbehalten war. Crichton war meines Wissens einer der Ersten, die wirklich gute Wissenschaftsthriller geschrieben haben, wenn auch die Wissenschaftler des jeweiligen Fachgebiets zuweilen mit den Augen rollten.

„Zeitbombe Internet“ ist im Gegensatz dazu ein Sachbuch und ein aufwendig recherchiertes natürlich. Dennoch hat mich die Dramaturgie sofort an einen Thriller Marke Crichton erinnert: Lokale Bedrohung, weltweit Megabedrohung, alles ist noch schlimmer als man dachte! Dann tritt der Held auf. In diesem Falle wird er durch die beiden Autoren vertreten, die eifrig auf der Suche um nach einer Lösung um die Welt jetten. Und am Schluss, wo sonst der Held die Liebste in die Arme schließt, findet sich hier ein Kapitel mit Thesen zum Bau eines idealen Internets.

Das Ganze liest sich kurzweilig wie ein Krimi mit saftigen Details wie überwachte Mädchenschlafsäle, geräumte Konten, zu halben Cyborgs verkommene Handynutzer. Dabei scheint das Buch nicht unbedingt für Menschen geschrieben zu sein, die sich für die Materie besonders interessieren, ich zum Beispiel habe nicht so wahnsinnig viel Neues gelernt. Sptestens als das Arpanet wieder erklärt wurde, sah ich als Zielgruppe Menschen vor mir, die Unterschriften gegen Handymasten sammeln. Die lassen sich vielleicht auch davon beeindrucken, dass Computer zu oft „Supercomputer“ genannt werden, was mich an eine Show mit Heidi Klum erinnert.

Wer das für eine nichtssagende und das Thema verfehlende Rezension hält, der muss wissen, dass ich einfach nur neidisch bin auf das Spesenkonto der Autoren. Mal sind sie auf einem Hochplateau am Columbia River (wo immer das sein mag), mal fahren sie in der Morgendämmerung die achtspurige Autobahn nach Seattle entlang oder oder sie lauschen wichtigen Männern in einer Gründerzeitvilla am Ufer des Wannsees. Na gut, da hätte ich wohl hinkommen können, wenn mich jemand eingeladen hätte.

PS: Das Buch hat natürlich seine eigene Website, welches Produkt hat die nicht?

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