Vor ein paar Tagen hatte ich einen Glücksmoment, an den ich mich jetzt noch gern erinnere. Ein sonniger Sonntag-Vormittag, ich radelte gemächlich die Cuxhavener Straße in Harburg entlang. Es war ziemlich still, man konnte die Vögel zwitschern hören. Hier sollte ich kurz allen Ortsfremden erklären, dass die Cuxhavener Straße eine breite Ausfallstraße mit Autobahnzubringer, Schwerlastverkehr und Dauerstau ist, auf der man oft sein eigenes Wort nicht versteht. Anders an diesem Sonntag, da standen sogar Leute auf ihren Balkons und winkten mir fröhlich zu.
Vor mir, neben mir, hinter mir und mit mir waren einige tausend Radfahrer auf dieser Straße unterwegs. Unser gemütliches Radeln nennt sich „Sternfahrt“ und ist eine Art Pedal-Demonstration für eine fahrradfreundliche Verkehrpolitik. Das war es aber nicht, was mir die Glücksgefühle verschaffte.
Ich genoss die Stille und die Freundlichkeit, mit der sich unser riesiger Schwarm von Fahrrädern aller Art durch den Harburger Morgen bewegte. Das wäre doch was, wenn überall in Hamburg auf drei Fahrspuren Pedaltreter unterwegs wären und am Rand gäbe es noch eine enge Spur, die „Autoweg“ oder „Autoschutzzone“ genannt wird.
Wenn man zu so vielen auf der breiten Straße unterwegs ist, fühlt man sich ziemlich besonders. Es ist eine Umkehr der Macht. Diese typische Demo-Erfahrung „wir sind viele“, und dazu kommt das Gefühl, das man als Kind hatte, wenn man irgendwo war, wo man als Kind eigentlich nicht hindurfte, zum Beispiel ins Lehrerzimmer.
Radfahrer werden in der Verkehrsplanung lieblos behandelt. Für sie gibt es keine Großbauten, keine Autobahnkilometer. Stattdessen Radwege, die manchmal im Nichts enden – und die Schilder „Radfahrer absteigen“.! Man kommt sich oft unwichtig vor. Erst bei der Sternfahrt habe ich gemerkt, was für eine Wut ich oft im Bauch habe, wenn ich mit dem Rad in der Stadt unterwegs bin.
Ich will jetzt nicht über Verkehrspolitik, Autowahn und so weiter schreiben, das machen andere viel besser. Ich will meine Leser nur ermuntern, mitzufahren, wenn es wieder eine solche Gelegenheit gibt. Was den Traum von den großen Straßen für Radler angeht: Seit dem Fall der Berliner Mauer halte ich ja nur sehr wenig für völlig unmöglich.